Presse 2005-12-19 Kläger lehnen Vergleich ab

Kläger im Sinntaler Abwasserstreit lehnen gerichtlichen Vergleich ab!


Nachdem die Klagen in dem seit dem Jahre 2000 andauernden Abwasserstreit Sinntaler Bürger aus den Ortsteilen Altengronau und Jossa gegen ihre Gemeinde bereits im März 2005 zur Berufung beim Hess. Verwaltungsgerichtshof in Kassel zugelassen wurden, weil auch die dortigen Richter erhebliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidungen des Frankfurter Verwaltungsgerichtes gesehen hatten, fand nun am 30.11.2005 eine nichtöffentliche Anhörung unter Vorsitz des obersten Richters am VGH Hr. Dr. Lohmann statt.

In dieser Anhörung wurden die besonderen Schwierigkeiten der Sinntaler Veranlagung, die von den Klägern vorgebrachten Mängel an der Rechtslage und den Kalkulationen, sowie die Aspekte der neuesten Rechtssprechung auf diesem Gebiet erörtert und ein Versuch unternommen, diese Gesichtspunkte unter größtmöglicher Beachtung der Rechte beider Streitparteien miteinander zu vereinbaren und eine Lösung für diesen „Dauerbrenner“ zu finden.

Unter dem Zwang der im Frühjahr 2005 getroffenen höchstrichterlichen Entscheidungen im sogenannten „Schlüchterner“ und „Ortenberger“ Urteil, aber auch unter dem Aspekt der vom VGH erkannten Mängel in den Sinntaler Bescheiden hatte die Gemeinde Sinntal bekannterweise
im Sept. 2005 eine neue Entwässerungssatzung verabschiedet und diese rückwirkend zum 01.07.2000 in Kraft gesetzt.

Mit dieser neuen Satzung (der Dritten seit dem Jahr 2000 !) und den darin enthaltenen (ebenfalls zum dritten Male !) neu kalkulierten Beitragsätzen, die teilweise erheblich unter den Sätzen der
alten Entwässerungssatzung liegen, wurden bereits einige der von den Klägern beanstandeten Mängel „geheilt“.

Der ehemalige Beitragstatbestand der „Vollkanalisation“ wurde komplett aus der Satzung gestrichen, die Beitragsbescheide sind daher ohne jegliche Rechtsgrundlage und somit hinfällig.

Die beiden Beitragssätze für den Schaffensbeitrag zur Sammelleitung und den Schaffensbeitrag für die Kläranlage wurden in ihrer Höhe erheblich gesenkt !

In der Anhörung wurde die neue Satzung als rechtlich weitgehend einwandfrei beurteilt. Schwierigkeiten sahen die Beteiligten (auch der Vorsitzende !) jedoch noch in der Umsetzung des neuen Rechtes für die Zukunft und natürlich auch im Hinblick auf die nun bereits fünf Jahre alten Abwasserbescheide, um die es in den Prozeßen geht und die nun in weiten Teilen mit der neuen Satzung absolut nicht mehr konform gehen.

Auf Vorschlag des vorsitzenden Richters wurde ein Vergleich ausgearbeitet, der von allen Beteiligten als durchaus tragbar bezeichnet wurde und über den innerhalb einer Karenzzeit bis zum 19. Dez. 2005 von den Beteiligten entschieden werden sollte.



Sensibilisiert durch manche Bemerkungen oder auch Hinweise, die bei Gericht durch Vertreter der Gemeinde, bzw. auch durch den Richter gegeben wurden, hat die IdBiS die 2 ½ Wochen Zeit genutzt und die Beitragssatzkalkulation für den neuen Beitragssatz einer erneuten intensiven Kontrolle unterzogen und dabei festgestellt, daß, wie bereits die beiden Vorgängerkalkulationen auch die neue Kalkulation erhebliche Mängel in der Zusammenstellung der Investitionskosten, bei den „Zwangsabzügen“, sowie auch in der Zusammenstellung der Gesamtflächen aufweist.
Die umlegungsfähigen Investitionskosten sind bei konsequenter Umsetzung der Definition die Dr. Lohmann hierfür in der Anhörung bekanntgegeben hat von insgesamt ca. 60 Mio DM auf ca. 49 Mio DM zu senken.
Dies kommt zu Stande, weil in der Gesamtinvestitionssumme der Neukalkulation auch Baukosten für Altanlagen enthalten sind, die bereits vor Jahren mit den betroffenen Anliegern abgerechnet wurden, was rechtswidrig ist!
Es handelt sich hierbei um fast 20 % der gesamten Investitionssumme, obwohl auf Nachfrage des Richters in der Anhörung, Vertreter der Gemeinde dies mit weniger als 10 % bezifferten.

Die Grundstücksflächen, auf die die Gesamtbaukosten umgelegt wurden sind nach unseren Recherchen um ca. 600.000 qm ( 15 % ) zu niedrig angesetzt !
Die erste Kalkulation aus dem Jahr 2000 wies in Sinntal ca. 4,5 Mio qm Grundstücksfläche aus.
Die zweite Kalkulation aus dem Jahr 2003 wurde auf Grund der Vorlage von entsprechenden Vergleichszahlen durch die IdBiS bei Gericht dann auf ca. 4,9 Mio qm nachgebessert.
Die jetzige und somit dritte Kalkulation zu diesem Beitrag aus dem Jahr 2005 hat nun plötzlich wieder nur noch 4,3 Mio qm Grundflächen für Gesamt-Sinntal aufzuweisen.
Dies ist nicht nachvollziehbar und wurde durch die Gemeinde bisher auch nicht bewiesen.

Diese erheblichen Mängel führen dazu, daß der Beitragssatz, der bereits durch den Richter nach unten korrigiert wurde, immer noch um mehr als 20% überzogen ist.

Dieser Umstand wurde durch den IdBiS- Anwalt dem Gericht und der Gemeinde bereits vor über einer Woche mitgeteilt und um Stellungnahme gebeten.

Wie in den vorherigen Gerichtsverhandlungen hat auch diesmal die Gemeinde keinen Anlaß gesehen, auf die neu aufgedeckten Fehler einzugehen, oder die angemeldeten Bedenken zu widerlegen, so daß die Kläger der IdBiS in Übereinstimmung mit der Meinung ihres Anwaltes
Dr. Eiding aus Hanau am heutigen Montag, 19. Dezember 2005 den gerichtlichen Vergleich abgelehnt haben!

Dies wird nun dazu führen, daß Anfang des Jahres 2006 ein erneuter Verhandlungstermin am Verwaltungsgerichtshof in Kassel notwendig sein wird, in dem sich das Gericht noch einmal intensiv mit der Beitragssatzkalkulation zum Schaffensbeitrag für die Sammelleitung der Gemeinde Sinntal auseinandersetzen wird und dann ein Urteil verkünden dürfte.


IdBiS
Interessengemeinschaft der Beitragszahler in Sinntal